Gestaltpsychotherapie.de
Fritz Perls
Begründer der Gestalttherapie
Laura Perls
Begründerin der Gestalttherapie

Die Gestalttherapie wurde ab Anfang der 1940er Jahre von dem deutschen Psychiater Fritz Perls und seiner Frau, der Psycho­lo­gin Lore Perls (beide waren ursprünglich Psychoana­lytiker) entwickelt und zusammen mit dem Soziologen Paul Good­man in Amerika 1951 erstmals theoretisch formuliert. Auch Isadore From, James Simkin, Erving und Miriam Pol­ster u.a. tru­gen zur Entwicklung dieser neuen Therapieform bei. Heute wird die Weiterentwicklung und -verbreitung der Gestaltthe­rapie durch verschiedene Ausbildungsinstitute (siehe www.dvg-gestalt.de) re­präsentiert.

Der Begriff der „Gestalt“-Therapie ist an die Gestaltpsycho­logie angelehnt, eine damals einflussreiche Richtung der Psy­chologie, welche Gestalt, Ganzheit und Ordnung als primäre Ein­heiten von Erleben und Verhalten versteht (eine „Gestalt“ ist mehr und etwas anderes als die Summe ihrer Teile). Durch die mit der Gestaltpsychologie verbundene Feldtheorie wurde der Lebens­raum, der die Person und ihre Umwelt umfasst, als ein „Feld“ gesehen und in die Therapie miteinbe­zogen, als ein einheitli­ches, untrennbares Ganzes, in dem alles in Bewegung (im Pro­zess) und in Beziehung zueinander steht.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Gestalttherapie ein ganzheit­li­ches Therapieverfahren, das die körperlich-seelisch-geistige Integra­tion der Person in ihrer Umwelt zum Ziel hat. Sie ist existenz­philosophisch ausgerichtet, tiefenpsychologisch orientiert und in ihrem methodischen Vorgehen phänomeno­lo­gisch, dialogisch und experimentell. Das Explorieren der unmittelbaren gegenwärtigen Erfahrung der Person, ihrer Phänomenologie, ist der Ausgangspunkt der Therapie.

Im Kontakt im Hier-und-Jetzt zwischen Therapeut:in und Klient:in  oder in einer Gruppentherapie zu den Teilnehmenden werden die dysfunktionalen Erlebnis-, Einstellungs- und Ver­hal­tens­weisen in Form von gestörten Kontaktfunktionen deut­lich. Diese werden in der Gestalttherapie positiv als kreative An­pas­sungen des menschlichen Organismus an widrige Um­stände in seinem früheren oder jetzigen Umfeld verstan­den, die sich letzt­lich in dysfunktionalen Anpassungen oder spe­zifi­schen Symptomen äußern. Auch defizitäre innere Stütz­funk­tionen können sich in Ängsten und leidvollen Anpassungs­mustern manifestieren.

Eine dialogische Therapeut-Klient-Beziehung im Sinne Martin Bubers, einer Beziehung, die wertschätzt, was „zwischen“ The­rapeut/in und Klient/in geschieht und auftaucht und auf einseitig verhal­tensorientierte Interventionen von Seiten des The­rapeuten verzichtet, ist die Grundlage einer angestrebten „Heilung durch Begegnung“ in der Gestalttherapie.

Auf dieser Basis kann das Explorieren der Phänomenologie der Person für sie selbst zu einer gesteigerten Bewusstheit (awareness) darüber führen, wie sie ihre Anpassungsmuster er­schafft und aufrechterhält, in-der-Welt-ist und wie sie sich oft selbst im Wege steht. Dadurch gewinnt sie die Fähigkeit zurück, für ihre Existenz, ihr eigenes Leben Verantwortung zu übernehmen und ge­winnt so wieder Freiheit durch Wahlmöglichkeiten. Neben der Ent-automatisierung von dysfunktionalen Anpassungsmustern kann auch die Verbesserung der Selbst-Stützung und Resilienz ein wichtiges Therapieziel sein.

Fritz Perls sagte einmal, dass er Bewusstheit per se schon als heilend ansieht, da Veränderung paradoxerweise  „geschieht“, wenn man sich voll dem stellt, was/wie man gegenwärtig ist, dies akzeptierend zu sich nimmt und sich nicht ange­strengt bemüht, jemand anders zu sein. Diese Hal­tung ge­genüber dem Prozess der Ver­änderung ist ein Wesens­element der Gestalttherapie.

Durch aktives Experimentieren kann die Bewusstheit der Per­son über die Gegebenheiten ihrer Situation weiter gesteigert wer­den, ebenso können im geschützten therapeutischen Rahmen ausgewogene Risiken eingegangen werden, neue Verhaltens­weisen und Reaktionen auszuprobieren, die das Selbsterleben und das Verhaltensrepertoire, sprich: die Ich-Grenze der Person erweitern können. Neben typischen ge­stalt­therapeutischen Techniken, wie der Stuhl-Arbeit, sind dem Therapeu­ten bzw. der Therapeutin hierzu im Er­finden von Experimenten keine Grenzen gesetzt.

Außer in der Psychotherapie hat sich die Gestalttherapie als Ansatz in vielfältigen Beratungsfeldern und der Pädagogik eta­bliert.

 

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